Dreistigkeit siegt, heißt es ja. Zumindest hin und wieder. Aber bestimmt nicht überall. Bei uns im Sexshop, zum Beispiel. Wenn ein Kunde, der meint sich alles erlauben zu können, nur weil er einmal die Woche unsere Dienstleistungen in Anspruch nimmt, dann hat er etwas falsch verstanden. Das Pornokino mag dann zwar bildlich gesprochen sein zweites Zuhause sein, aber das erste Zuhause reicht doch wohl, um sich daneben zu benehmen.
Geschichten von frechen, dummdreisten Kunden, die sich aufführen, als würde die ganze Welt nach ihrer Pfeife tanzen, gibt es zu Genüge, heute picke ich allerdings nur die jüngste heraus:
Ein kräftiger Mann Ende 40, mit lockigen, grauen Haaren, betritt den Laden, begibt sich direkt zu mir an die Kasse und knallt mir mit den Worten Einmal ins Kino, bitte eine Handvoll Münzen auf den Tisch. Es handelt sich um auf den ersten Blick unzählige 10- und 20-Cent- mit vereinzelten 50-Cent-Stücken dabei. Der Kunde fügt hinzu:
Millionen Münzen, die ich noch gefunden hab. Passt, geh dann schon mal rein. Ich möchte das Geld jedoch zählen, bevor ich irgendetwas in die Kasse eingebe.
Einen Moment noch, bitte. Er dagegen, der sich schon auf dem Sprung in Richtung Kinoeingang befand, bleibt zwar stehen, aber schaut mich extrem beleidigt an. Und ich bin mit dem Zählen noch nicht fertig, da merke ich, dass der Münzhaufen niemals den Eintrittspreis von zehn Euro ergibt. Ich muss nicht einmal zu Ende zählen.
Ähm, das sind nicht mal sieben Euro hier.
Ja, weiß ich, entgegnet der Kunde lächelnd. Passt aber, den Rest zahl ich später. Klar, und backst auch noch für die ganze Belegschaft einen Kuchen, schießt es mir durch den Kopf.
Hm, nein, das glaube ich weniger. Wenn Sie die zehn Euro nicht jetzt bezahlen können, dann kann ich Sie nicht reinlassen. Der Kunde stemmt daraufhin seine Hände in die Hüften (was wohl eine Art Angriffsstellung sein soll, wenn ich meine Großmutter noch richtig in Erinnerung habe) und erwidert verärgert:
Was soll das denn heißen? Hab doch gesagt, ich zahl den Rest später.
Ja, das haben Sie gesagt, aber ich lasse Sie trotzdem nicht rein. Er verdreht die Augen, schlägt sich einmal fest auf den Oberschenkel und brüllt:
Mein Gott, ist doch scheißegal, wenn das ein bißchen weniger ist, ihr habt doch eh immer ein bißchen mehr in der Kasse. Du meinst, ich soll mit meinem Trinkgeld deinen Fehlbetrag ausgleichen, du dummer Freak?
Das ist nicht egal. Wollen Sie mich verarschen? Sie können Ihr bescheuertes Kleingeld gleich wieder mitnehmen.
Haaaaallo, ich hab doch gesagt, ich zahl den Rest später, sag mal bist du schwer von Begriff? fragt er leicht vorgebeugt, während er sich mit einem Finger an die Stirn tippt.
Okay, das reicht. Verschwinden Sie. Ich schiebe seinen Münzhaufen demonstrativ von mir weg. Diesen schnappt er sich dann auch schnell und verlässt daraufhin wutentbrannt das Geschäft.
Ein paar Tage später hat sich der Kunde über mich beschwert. Lustigerweise wies ihn mein Chef mit den wenigen Worten zurecht, dass der Eintritt zehn Euro kostet. Punkt. Angeblich soll der Kunde sehr entsetzt gewesen sein.
Übrigens ist der Mann nachwievor ein Stammkunde. Er zahlt jedoch seit dem Vorfall immer mit einem passenden Schein und – das ist das beste – sagt dabei kein einziges Wort.
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Erziehung ist eben alles… 😆
Erinnert mich an einen Kumpel von mir, der mal volltrunken und mit genau 20 Mark (ja, solange ist das her) in ein Taxi eingestiegen ist. Dann ist er eingeschlafen und erst wieder aufgewacht, als sich das Taxi mitten im Wald und das Taxameter bei 22,20 Mark befand. Geistesgegenwärtig hat er gebrüllt „hier wohne ich!“
Als der verblüffte Taxifahrer anhielt hat er ihm den Zwanziger in die Hand gedrückt, gesagt „Der Rest ist für Sie!“ und ist in den dunklen Wald gerannt.
Aber der war wenigstens voll und nicht nur geil 😉
Gruß und schöne Woche
Fulano
Hallo! In der Kneipe haben wir auch ein paar Stammkunden, die meinen, nur weil sie Stammkunden sind, könnten sie sich alles erlauben. Wenn man sie dann „dezent“ auf ihren Platz verweist, sind die auch immer sehr pikiert.
Hatte mal Dienst und mußte in der Küche Essen fertig machen. Essen hat ja bekanntlich immer Vorrang, da die Kunden es gerne warm essen möchten. Hab zwar gehört, wie die Eingangstür ging, hab aber erst das Essen fertig gemacht, da es ja wie gesagt Vorrang hat. Auf einmal höre ich wie die Kühlung für die Stubbis geöffnet und wieder geschloßen wird. Bin mit dem Essen nach vorne und hab gefragt, wer oder was das war. Da meinte eine ehemalige Bedienung, daß sie ein Stubbi für einen anderen Kunden rausgeholt hat, da ich ja so lange verschwunden gewesen wäre. Hab die dann auch erstmal in den Senkel gestellt, denn hinter der Theke hat keiner was zu suchen und da ich keine Stunden weg war, hätte der andere ja grade warten können. Er wäre schon nicht verdurstet in der Zeit!
Wenn solche Sachen passieren, sage ich meinem Chef immer am Ende der Schicht direkt Bescheid, damit er sich schon was Passendes zurecht legen kann, falls irgendwelche Beschwerden kommen! LG monisha
du arbeitest ohne scheiß in nem sexshop?
respect…was müssen das für herrliche sozialstudien sein, die man dort betreiben kann…
Das ist eine Geschichte die das Leben schrieb. Schön geschrieben. Was mich wundert ist, dass der Kunde trotzdem wiederkommt. Ich glaube, mir wäre das so peinlich… Aber manche sind wirklich schmerzfrei…
Wie war das? „Der Sog der Pornografie“? ^^
Oh Gott. Ich kann mir den Berg Münzen richtig vorstellen.
Daß der wiederkommt wundert mich allerdings auch.
@Fulano: Die Story ist ja auch ZU geil
Hm, ich weiß, dass es um die Story an sich geht, und der Kunde hat definitiv kein Recht, mit geringerer Zahlung Eintritt zu verlangen.
Dennoch möchte ich mal darauf hinweisen, dass die erste Reaktion, die unpassend war (zumindest in deiner geschilderten Version), deine eigene war.
„Das ist nicht egal. Wollen Sie mich verarschen? Sie können Ihr bescheuertes Kleingeld gleich wieder mitnehmen.“
Sicher ist es mies, zu viel Kleingeld mitzubringen, Eintritt zu verlangen und auch noch zu erwarten, dass der Betrag später beglichen werden könne. Doch so bekommst du als Dienstleister, der du bist, natürlich das zurück, was du vermeiden willst: Stress. Hier muss man einfach sachlich bleiben und den Kunden rauskomplimentieren.
Nichts für ungut! 🙂
Der Spruch „… und backst noch für die gesamte Belegschaft nen Kuchen“ ist ja geil. Bin auch öfter in der Situation, dass Kundschaft nicht genügend Geld dabei hat. Auf die Gesichter bin ich jetzt schon gespannt, grins.
@Addliss: Glaub mir, dadurch habe ich mir eher Stress erspart… 😉 „Unpassende“ Reaktionen sind bei so manchen Freaks, die sich Kunden schimpfen, die besseren Reaktionen… Man lese nur ein wenig in dieser Rubrik… 😛
Zitat:Er zahlt jedoch seit dem Vorfall immer mit einem passenden Schein und – das ist das beste – sagt dabei kein einziges Wort.
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Er hat schnell gelernt. Schön für dich! 😉