Wer kennt ihn nicht? Franz Josef Wagner, den Gossen-Goethe der neuen Deutschen Gegenwartsliteratur. In seiner Kolumne „Post von Wagner“ schreibt der Leasing-Lessing täglich einen offenen Brief an eine Person bzw. Personifikation und lässt uns dadurch an seinen ganz persönlichen Gedanken teilnehmen.
Nur selten haben die Adressierten jedoch die Gelegenheit, dem Schickimicki-Schiller zu antworten, nachdem dieser sich ihnen mitgeteilt hat. Dies soll sich nun ändern, denn ab heute bieten wir allen, die schon einmal Post von Wagner bekommen haben, eine Plattform, um gebührend zu antworten. In diesem Sinne: Feuer frei für die Post an Wagner!
Liebe TV-Serie „Borgia“,
Warum interessieren wir uns für Menschen, die vor 500 Jahren lebten?
Weil wir so sind wie sie. Wir feiern die gleichen Exzesse wie vor 500 Jahren. Bunga Bunga (Berlusconi).
In der Bunga-Bunga-Welt vor 500 Jahren erfand Gutenberg die beweglichen Buchstaben. Die Buchdruckerkunst. Kolumbus entdeckte Amerika.
All dies erzählt diese Huren-Inzest-Giftmord-Story nicht.
Vor 500 Jahren brachen die Menschen auf, sie fuhren mit ihren Schiffen über das Meer. Sie konnten nicht weiter sehen als bis zum Horizont.
Was danach kam, wussten sie nicht. Würden sie in einen tiefen Wasserfall fallen?
Was für mutige Menschen waren sie vor 500 Jahren.
Man sollte einen Film über diese Helden machen und nicht über die sündigen Päpste.
Herzlichst, F. J. Wagner
Lieber F. J. Wagner,
Ich bin zwar nur eine Fernsehserie, aber dennoch verwirrt. Warum sollte eine Huren-Inzest-Giftmord-Story von Gutenberg und Kolumbus erzählen? Es ist schließlich eine Huren-Inzest-Giftmord-Story. Ich verlange doch von Ihrem Arbeitgeber auch nicht, professionellen Journalismus zu betreiben. Und Helden gab es ja nicht nur vor 500 Jahren. Auch heute werden noch große Entdeckungen gemacht, die unsere Wissenschaften vor immer neuen Herausforderungen stellen, doch schreibt Ihr Brötchengeber lieber über Bunga-Bunga-Parties. Jene Parties, über die ich aber schweigen soll. Das müssen Sie mir mal näher erklären. Und was haben Sie, lieber Herr Wagner, überhaupt gegen die Sünden der Päpste? Verstört Sie vermutlich die Parallele zu aktuellen Skandalen, die Sie als Papst-Fan nicht wahrhaben wollen? Ich zeige doch lediglich, dass auch Päpste nur Menschen sind. Menschen wie Sie. Oder?
Herzlichst, TV-Serie Borgia
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„Post an Wagner“ – eine charmante Idee. 🙂 Schön, dass Du endlich wieder schreibst! Wurde auch langsam Zeit…
Einmal abgesehen davon, dass das ’niemand wusste, was danach kommt‘ sowieso falsch ist – schon seit den alten Griechen war bekannt, dass die Erde eine Kugel ist, und auch zu Kolumbus‘ Zeiten war dies unter den Gebildeten Allgemeinwissen. Dass Amerika den Seeweg zwischen Portugal und Indien versperrte, wusste man noch nicht, agber das Märchewn von den Leuten, die damals noch dachten,d ass die Erde iene Scheibe sei, ist erst über hundert Jahre später in einer Biographie von Kolumbus hinzuerfunden worden…
Applaus-Applaus-Applaus! (Kermit)
Post an Wagner gab es schon.
Leider wird jede Kritik an diesem Papierverschwender vermutlich abprallen wie Federn an einer Stahlwand…
Trotzdem und gerade deswegen, weiter machen! 🙂
Sehr schön geschrieben, feuer frei!
Da Kolumbus sich anschickte, den Westweg nach Indien zu ersegeln, wäre auch zu unterstellen, dass er dieses nicht am Grunde eines tiefen Wasserfalles vermutete. Die Kugelgestalt der Erde war auch seinen Zeitgenossen (wieder) bekannt. Schon lange. Nur grosslettrige Tageszeitungen hätten das Gegenteil behauptet (und „Experten“ dazu „zitiert“, den Absturz in Alliterationen antizipiert, des Seefahrers Angehörige bedrängt, …). Aber die hatten die Druckkünstler ja noch nicht erfunden.
Zu der Geschichte mit der Erde und der Scheibe mal dieser uralte, aber wahnsinnig aufklärende Spon-Artikel hier: http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/0,1518,381627,00.html
Dass die Erde eine Scheibe ist, hat nämlich im Mittelalter außer ein paar Spinnern keiner mehr ernsthaft geglaubt.